Markus Bötefür

Literatur, Journalist

Über mich

Herzlich willkommen auf der Homepage des Journalisten und Historikers Markus Bötefür. Auf den folgenden Seiten möchte ich mich vorstellen und Ihnen einen Einblick in meine Arbeit geben.

Geboren wurde ich 1965 in Oberhausen, wo ich auch zur Schule ging und 1985 das Abitur machte. Nach zahlreichen Experimenten, darunter auch Mitarbeit an einem Hilfsprojekt in Sri Lanka, begann ich 1990 mein Studium der Geschichte und Germanistik in Essen. 1995 legte ich dort am Lehrstuhl von Paul Münch mein Magisterexamen ab. 1999 wurde ich ebenda mit einer kulturhistorischen Studie promoviert. Nach mehrjähriger Lehrtätigkeit an diversen Bildungseinrichtungen in Deutschland, war ich für einige Semester als Gastdozent am Department of Humanities and Social Science der Prince of Songkla University (Pattani Campus) im Süden Thailands tätig. Seit mehr als zehn Jahren arbeite ich als Journalist und Autor zu kulturellen, historischen und sportfischereilichen Themen.

kontakt@markus-boetefuer.de

Damenjagd

Im Mai 2008 erscheint der zweite Fall der Oberhausener Kommissarin bei KBV
Die Reihen der Oberhausener Waidmänner werden von einem Serienkiller gelichtet.Derweil hat es ein weiterer Täter auf Sportlehrer abgesehen. Handelt es sich um einen Wettstreit unter Psychopathen?
Für die deutsch-vietnamesische Kommissarin Thi Fischer wird die Zeit knapp, denn beide Mörder drohen sämtliche Turnriegen und Hegegruppen im Ruhrpott auszulöschen. Die junge Ermittlerin taucht dabei immer tiefer in die bizarre Welt der Sportvereine, Stadtjäger und Stadtjägerinnen ein. Als wären die täglichen Morde nicht genug, bereitet ihr auch noch ein mehr als dreißig Jahre zurückliegender Entführungsfall Kopfzerbrechen.
Steckt möglicherweise sogar der Schlüssel zur Lösung der Mordserien in dieser alten Geschichte?

Leichenschau

Im Frühjahr 2007 erblickte meine deutsch-vietnamesische Kommissarin Thi Fischer im KBV-Verlag das Licht der Welt. In ihrem ersten Fall ist sie mit dem plötzlichen Auftreten amputierter Arme an öffentlichen Plätzen konfrontiert.
Für die 35-jährige Thi Fischer ist ihr Ursprungsland Vietnam genauso weit weg wie für andere Ruhrpottler auch. Aufgewachsen im Friedensdorf, beschäftigt als Kommissarin bei der Mordkommission Oberhausen. Es zählt das Hier und Jetzt. Und das ist bestimmt von eigenartigen Charakteren, die Thi Fischer tagtäglich umgeben. Und von fein säuberlich amputierten Männerarmen, die plötzlich im Großraum Oberhausen-Essen-Mülheim gefunden werden. Thi und ihre Kollegen tappen zunächst im Dunkeln. Treibt ein Serienmörder sein Unwesen? Wo sind die Reste der Leichen zu suchen?
Doch dann weist eine Tätowierung auf eine Spur, die ins thailändische Rotlichtmilieu führt. Zusammen mit ihrer Freundin Mali reist die Kommissarin nach Südostasien. In Bangkok und dem Junggesellenparadies Pattaya nimmt die Sache schließlich eine merkwürdige Wendung.

Angelführer

Der Angelsport hat im Ruhrgebiet von je her eine große Tradition. Waren es bis vor einigen Jahren vornehmlich ältere Angler, die nach Feierabend an der Ruhr oder am Kanal ihrer Passion nachgingen, so zählt Angeln heute zu den beliebtesten Outdoorsportarten gestreßter Stadtmenschen. Aus den geruhsamen Wurmbadern von einst sind aktive Sportfischer geworden, die ständig neues Gerät entwickeln und neue Methoden austüfteln, um den Fischen auf die Schuppen zu rücken. Der Fischfang ist dabei längst keine Männerdomäne mehr; die Zahl der Anglerinnen nimmt von Jahr zu Jahr beständig zu. Modernes Sportfischen hat nichts mit gemütlichem Aussitzen der Fische zu tun. Ein Angelausflug an Rhein und Ruhr bedarf sorgfältiger und akribischer Vorbereitung, Planung und Durchführung, denn bedingt durch die verbesserte Wasserqualität ist auch die Beute der Ruhrgebietsanglern äußerst attraktiv geworben. So leben im Rhein heute rund 40 Fischarten, von denen einige - wie der Lachs - sehr hohe Anforderungen an die Sauberkeit ihres nassen Elements stellen, und die bis Anfang der 80er Jahr hier als ausgestorben galten. Seit gut 15 Jahren macht das Angeln im Rhein und in der Ruhr wieder richtig Spaß und der Angler kann seine dort gefangenen Fische ohne Bedenken essen. Es sind aber nicht allein diese erfreulichen Merkmale, die das Fischen im Revier spannend und überaus erfolgreich machen, sondern kurioserweise auch die Beschaffenheit der von Menschhand begradigten Gewässersysteme. Denn an Rhein und Ruhr finden sich sowohl natürliche als auch künstliche Verhältnisse und Strukturen, die das Angeln nie langweilig werden lassen und den Petijünger vor immer neue und interessante Aufgaben stellen. Und so kann ein Angeltag im Duisburger Hafen genauso spannend werden, wie ein Trip zu den naturbelassenen Altrheinarmen.

Das Ruhrgebiet hat aber nicht allein zwei gute Flüsse zu bieten, sondern auch interessante Seen und Baggerseen. Der Üttelsheimer See in Duisburg-Homberg zählt unter Experten zu den Top-Karpfengewässern in Deutschland, die Wedauer Regattabahn ist eine hervorragende Raubfichstrecke, der Essener Baldeneysee beherberg einen sehr guten Hechtbestand und die Ruhrstaustufen Hengstey- und Harkortsee in der Nähe von Dortmund sind ebenfalls Angelreviere erster Güte. Neben diesen großen Gewässern gibt es am Rande des Kohlenpottes noch zahlreiche Baggerseen und Altrheinarme, an denen es sich lohnt, die Angel auszuwerfen.
Die Beute ist mehr als verlockend: Karpfen von mehr als 20 Kg gibt es in fast allen Gewässern der Region, große Hechte, Zander, Welse von über 40 Kg und wehrhafte Rapfen lassen die Herzen der Ruhrgebietsangler höher schlagen. Um solche Brocken an den Haken zu bekommen, werden auch die Errungenschaften modernster Technik genutzt; mit Google Earth erkundet so mancher Petrijünger erfolgversprechende Angelstellen am Rhein oder an den Ruhrstauseen. Neben hervorragenden Fischbeständen bieten die Wasserstraßen und Seen des Ruhrgebietes dem Angler noch allerhand mehr. So kosten die Angelkarten wenig Geld und die Gewässer bieten genügend Platz für alle. Und, dies ist wohl ihr entscheidendster Vorteil, sie sind täglich gut für kleinere und größere Überraschungen: Sei es der Fang einer Flunder im Rhein oder die Begegnung mit einem Mamorkarpfen beim Spinnfischen im Rhein-Herne-Kanal.
Karpfenangeln
Immer beliebter wird das gezielte Fischen auf Großkarpfen im Ruhrgebiet. Die Karpfen werden mit proteinhaltigen Spezialködern sog. Boilies beangelt. Bei diese Ködervariante handelt es sich um steinhart gekochte Teigkügelchen, die - mit Duftstoffen versehen - nur von Karpfen gefressen werden können, die sie mit ihren sog. Schlundzähnen knacken. In nächtelangen Ansitzen, bei denen die Geduld der Karpfenangler auf eine harte Probe gestellt wird, fangen die Meister dieser Angelmethode Moosrücken von mehr als 25 Kg. Der schwerste in den letzten Jahren erbeutete Spiegelkarpfen wurde im Ruhrorter Hafen gefangen und brachte 26 Kg auf die Waage. Aber auch in der Saarner Ruhr, am Rhein-Herne-Kanal und an der Sechs-Seen-Platte kann man die Zelte der Karpfenjäger erspähen, die mit immer neuen Aromastoffen experimentieren und ihre Fische mal mit fruchtigen Düften wie Kirsche und Vanille, oder mit herben Stinkern wie Hering oder Muschelextrakt verführen.
Spinn- und Fliegenfischen

Mit künstlichen Ködern geht es auf Raubfischfang an Rhein und Ruhr. Spinn- und Fliegenfischen zählen zu den aktiven Formen des Angelns und bezeichnen das Fischen mit Blinkern, Spinnern, Gummifischen oder eben künstlichen Fliegen, wobei der Angler sich vom Ufer oder Boot aus auf die Suche nach seiner Beute begibt. Diese Form des Fischens hat den Vorteil, dass man große Wasserflächen absuchen kann, denn häufig tummeln sich die Fische in einer ganz bestimmten Ecke des Gewässers. Eine Faustregel besagt, dass 80% der Wasserfläche fischleer ist. Die fischträchtigen 20% aufzufinden und erfolgreich zu beangeln ist somit die eigentliche Kunst des Sportfischens. Wohl keine andere Angelmethode hat in den letzten zwei Jahrzehnten mehr Neuerungen erfahren als das Spinnangeln. Dies gilt für Ruten, Rollen und Schnüre, besonders aber für Spinnköder. Fliegenfischen und Spinnangeln gelten als die hohe Kunst der Angelfischerei. Spezialisierte Guides und Angellehrer führen den Anfänger in diese Techniken ein und zeigen, dass modernes Sportfischen keineswegs eine geruhsame Beschäftigung ist. Sie lehren den richtigen Umgang mit dem Gerät, zeigen die besten Angelplätze und schulen den Blick, um die Gewässer zu lesen, denn ob man im Winter oder im Sommer, bei Regen oder Sonnenschein zum Angeln geht, stets findet man andere Bedingungen vor, auf die es sich einzustellen gilt. Wer dann seinen ersten Hecht, Zander, Rapfen oder die erste Barbe mit Gummifischen oder selbstgebundenen Fliegen gefangen hat, wird meist selbst zur Beute dieses faszinierenden Hobbys.
Weitere Informationen zum Angeln im Ruhrgebiet und am Niederrhein finden Sie im Internet unter:

www.raubfischguide.de

Laos

Seit vielen Jahren bereise ich den Fernen Osten und berichte darüber in Form von Zeitschriftenbeiträgen.
Die Ebene der Tonkrüge

Minenfelder aus dem Vietnamkrieg verhindern in Laos die archäologische Bestandsaufnahme einer rätselhaften Kultur. Hier mein Bericht aus dem Jahre 2001 über eine Reise in die Ebene der Tonkrüge.
Es riecht säuerlich an Bord der 17-sitzigen chinesischen Propellermaschine. Und sofort nach dem Start vom Flughafen Vientiane erfahre ich auch warum: Es liegen nicht umsonst gleich zwei Kotztütchen auf jedem Sitz. Meine Nachbarinnen Sabine und Paloma aus Hamburg liebäugeln auch gleich mit deren Gebrauch. Da ich zum Glück see- und flugfest bin, kann ich die grandiose Aussicht auf die laotische Landschaft genießen. Wir überfliegen das Schwemmtal des Mekong mit seinen saftig-grünen Reisfeldern und den lehmig-braunen Bewässerungsgräben, dann schieben sich die ersten Gebirgsausläufer in die Ebene. Die Berge werden höher, bis annähernd 3000 Metern, sind stellenweise sehr steil abfallend und von dichtem Dschungel bewachsen. Ab und zu kann man das silbrige Band eines Wasserfalls ausmachen. Besiedlung gibt es kaum. Nur dort, wo man auf einem Plateau den Urwald gerodet hat, stehen vereinzelt ein paar Hütten. Die dazugehörige Dorfstraße verliert sich nach einigen Kilometern wieder in der Wildnis. Laos mit seinen knapp fünf Millionen Einwohnern, zählt über 60 verschiedene ethnische Gruppen. Wer gerade wo im Landesinneren verweilt, man weiß es nicht genau. Die meisten Ansiedlungen sind ziemlich autark. Geld als Zahlungsmittel ist wohl bekannt, oftmals findet Handel jedoch auf Tauschebene statt. Dieser Zustand dürfte sich ändern, wenn die Infrastruktur verbessert wird, d.h. Straßen gebaut werden.

In der Ferne wird die Landebahn sichtbar. Im unmittelbaren Umkreis von Phonsavan gibt es keinen Dschungel mehr. Hügelige Landschaft, Reisfelder, Weideland und überall kreisrunde braune Löcher: Bombenkrater. Neben der Landebahn sind einige alte Mig-Kampfflugzeuge und ein militärisches Radargerät aufgereiht. Die Einsatzbereitschaft scheint zweifelhaft. Phonsavan ist die Hauptstadt der Provinz Xiang Khouang und erst wenige Jahre alt. Die alte Hauptstadt wurde während des Vietnamkrieges und der anschließenden Unruhen total zerstört.

Am Flughafen empfängt uns Herr Sousath: "Na, seekrank geworden?" Sabine und Paloma verneinen etwas verschämt. Ein alter russischer Geländewagen bringt uns zu unserer Unterkunft für die nächsten Tage - dem Mali Hotel, das von Herrn Sousath und seiner Familie geführt wird.

Der Hotelier hat faszinierende und zugleich bedrückende Geschichten über den Krieg und aus seinem Leben zu erzählen. Als Zehnjähriger wurde er 1970 nach China zur Schule geschickt, um dem Krieg zu entkommen. Doch er hasste die Chinesen und ihr strenges maoistisches Erziehungssystem. Zusammen mit älteren laotischen Schülern floh er zurück in die Heimat. Den Zeitpunkt seiner Flucht hätte er nicht schlechter wählen können. Als er an der laotischen Grenze ankam, war der Vietnamkrieg auch in Laos in vollem Gange. Mit zwei Bussen wollten die Jungen nach Vientiane gelangen und als einer der Busse von einer amerikanischen Fliegerbombe getroffen wurde, war für Herrn Sousathkein Platz mehr. Fünf Jahre versteckte er sich zusammen mit Dorfbewohnern in einer Höhle. Dort spielte sich das gesamte Alltagsleben ab, dort ging er auch weiter zur Schule.

Als der Krieg 1975 ein Ende fand, musste sich der Fünfzehnjährige im Frieden erst zurechtfinden, er beendete die Schule und begann eine Berufsausbildung. Die nächsten Jahre lebte Herr Sousath in Vientiane, wo er als Bankangestellter, Privatdetektiv, Diskjockey und Rundfunkreporter arbeitete. 1980 ging er in die damalige DDR. Nach seiner Rückkehr 1987 musste er sich im abgeschotteten Laos weiter mit Gelegenheitsjobs über Wasser halten, bis er 1995 das Mali Hotel eröffnen konnte.

Den Rest des Tages nutzen wir zu einem kleinen Ausflug zur eigentlichen Ortschaft Phonsavan. Viel ist nicht zu sehen. Die Straßen sind vom nachmittäglichen Regen verschlammt. Beiderseits stehen eingeschossige, nach vorne offene Holzhäuser. Alle möglichen Waren für den täglichen Gebrauch und Lebensmittel werden angeboten. "Das ist ja hier wie in Nordthailand", meint Sabine, die sich von einer Tour ins goldene Dreieck gestählt glaubt; Paloma pflichtet ihr bei.

Graue Riesen

Ich bin nach Ponsavan gekommen, um die Ebene der Tonkrüge zu besuchen, eine nach dem Vietnamkrieg in Vergessenheit geratene und heute in Europa fast unbekannte Landschaft im nordöstlichen Laos. Sabine und Paloma haben sich mir in Vientiane angeschlossen. Sie wollen die Ursprünglichkeit des Alten Laos entdecken und konnten bisher kaum einen Unterschied zu Thailand ausmachen. Herr Sousath hat ihnen versprochen, diese Unterschiede aufzuzeigen.

Am nächsten Morgen geht es dann los. Hotelinhaber und Sohn erwarten uns mit ihrem russischen Geländewagen. Am Vorabend hatten wir noch ein Briefing bekommen und wissen nun, dass im Umkreis von Phonsavan bisher 14 Stellen (die sogenannten Sites) mit geheimnisvollen, z.T. gigantisch großen Steingefäßen entdeckt wurden. Vermutlich gibt es in den schwer zugänglichen Wäldern noch weitere. Nur Fundstellen, auf denen mehr als 50 Behältnisse stehen, dürfen offiziell als Site bezeichnet werden. Über die Steingefäße selbst gibt es von wissenschaftlicher Seite verschiedene Erkenntnisse und Vermutungen. Fest steht, dass die Gefäße ca. 3000 Jahre alt sind und jedes von ihnen aus einem einzelnen Granit- oder Sandsteinblock gefertigt wurde. Da das Material nicht aus der unmittelbaren Umgegend stammt, nimmt man an, dass es mit Hilfe von Elefanten hierher transportiert wurde und man die Gefäße dann vor Ort gefertigt hat. Konnten jedoch Elefanten die teilweise über zehn Tonnen schweren Gesteinsbrocken durch schwieriges Gelände über weite Strecken transportieren? Eine Frage, die zumindest zu Überlegungen und Phantasien Anlass bietet.

Grau, kolossal und unnatürlich sehen sie aus, weit im Gelände verstreut. Manche stehen aufrecht, viele geneigt und einige sind auch ganz umgestoßen. Wie die Stümpfe von abgeholzten Riesenbäumen. Der genaueren Erforschung der tausende von Jahren alten Steingefäßen steht nicht nur die Tatsache im Wege, dass der laotische Staat andere Sorgen hat, als sich um seine frühgeschichtlichen Zeugnisse zu kümmern, sondern auch der Umstand, dass erst drei von den insgesamt vierzehn bisher entdeckten Feldern von Munitionsschrott und Minen gesäubert sind.

Der Volksmund erzählt die 1500 Jahre alte Legende vom guten Königs Khun Jeuam, der den unterdrückten Bewohnern der Hochebene im Kampf gegen den bösen und tyrannischen König Chao Anga zur Hilfe kam. In einer blutigen und erbittert geführten Schlacht haben die Soldaten Khun Jeuams den Unterdrücker und seine Helfer aus dem Gebiet vertrieben. Khun Jeuam ordnete an, dass zur Feier des Sieges Tonkrüge zur Gärung von Wein gebaut werden sollten. Das Material der Krüge bestünde aus einer Mischung aus Sand, Zucker und Büffelhaut. Wahrscheinlich beruht die fälschliche Bezeichnung "Tonkrüge" für die Granitriesen auf dieser Überlieferung.

Erst vor wenigen Monaten wurde im Dschungel unweit von Ponsavan eine Site mit mehr als 500 Tonkrügen entdeckt, deren Betreten jedoch für Ausländer noch verboten ist; "wegen der Minengefahr", sagt Herr Sousath und zeigt uns sein Minensuchgerät, das er stets im Wagen mitführt. Neben den offiziell erschlossenen Fundstätten gibt es noch etliche Stellen im schwer zugänglichen Hochland mit Ansammlungen von 10 bis 50 Gefäßen. Addiert man die Zahl aller bisher gefunden Tonkrüge, so kommt man auf mehr als 10 000.

Site 1 mit Namen Ban Ang beherbergt insgesamt ca. 300 Gefäße und ist die größte der für die Öffentlichkeit freigegeben Sites. Die Gefäße in dieser Ansammlung sind zwischen knapp einem Meter und gut drei Metern hoch und ungefähr zwischen 600 Kg und knapp 7 Tonnen schwer. Dass es sich bei den Kesseln um Teile von Gräbern eines bisher unbekannten Volksstammes handelt, scheint festzustehen. Denn bei Grabungen in den 30iger Jahren, von der französischen Archäologin Madeleine Colani durchgeführt, wurden Knochenreste unter den Tonkrügen gefunden. Da die größeren Gefäße auf einer erhöhten Stelle und am Rand der Site stehen, wird vermutet, dass diese Adeligen oder Führerpersönlichkeiten vorbehalten waren.

Die Vermutung liegt nahe, dass man über der Grabstätte der Verstorbenen in den Krügen Opfer und Grabbeilagen aufbewahrt hat. Oder haben wir es bei den Gefäßen mit Urnen zu tun? Madeleine Colani hat Grabungen in einer Höhle nahe von Site 1 durchgeführt, die über zwei natürliche Kamine verfügt. Auffällig ist, dass eine Wand der Höhle von Feuerrauch geschwärzt ist. Die Grabungen ergaben, dass die Höhle über einen langen Zeitraum als Krematorium genutzt wurde. Wurden die Toten hier eingeäschert und dann in den Krügen beigesetzt? Die direkte Nachbarschaft von "Krematorium" und "Friedhof" ist recht einleuchtend. Auch müssen sich die Bestattungsriten über die Jahrhunderte geändert haben, denn bei einer kleineren Ausgrabung im Jahre 1994, vom japanischen Archäologen Eiji Nitta durchgeführt, sind hauptsächlich unverbrannte Skelettreste gefunden worden. Gegen die These von der Bedeutung der Krüge als Urnen spricht allerdings, dass es sich bei den bisher gefunden Artefakten um mehr als 10 000 handelt. Solch aufwendige "Grabsteine" wären sicherlich nicht für jedes Mitglied einer ethnischen Gruppe errichtet worden, sondern wohl Adligen vorbehalten gewesen.

Ursprünglich waren wohl alle "Urnen" mit Deckeln verschlossen. Man mutmaßt, dass spätere Siedler und durchziehende Stämme die Behältnisse geöffnet und deren Inhalt entnommen haben oder verrotten ließen. Plünderungswekzeuge als Beleg für diese Theorie fand Madame Colani in unmittelbarer Umgebung der Krüge. Allerdings wurden bei den Grabungen in den 30iger Jahren auch Schmuckketten, Edelsteine und Werkzeuge aus Stein, Eisen und Bronze unter den Tonkrügen gefunden. Bemerkenswert ist, dass ähnliches Geschmeide und Instrumente bei den berühmten Ausgrabungen von Ban Chiang im Nordosten Thailands aufgetaucht sind. Auch soll es einige wenige Steingefäße gleicher Machart auf einer kleinen Insel im heutigen Indonesien geben. Somit wird wohl auch weiterhin ungelöst bleiben, wer die eigentlichen Hersteller der rätselhaften Tonkrüge waren.

Ob moderne archäologische Untersuchungen das Rätsel um Funktion und Transport der steinernen Kolosse jemals lösen können, ist eine spannende Frage. Mitten auf einer Hochebene in Laos steht der Besucher staunend und ehrfürchtig vor den Hinterlassenschaften einer rätselhaften Kultur.

Kriegserbe und Kulturdenkmäler

Neben den steinernen historischen Zeugnissen hat das Gebiet um Phonsavan noch eine ganze Menge Interessantes zu bieten. Da sind die verschieden ethnischen Gruppen mit ihren bunten Wochenmärkten und die atemberaubende Landschaft mit ihren faszinierenden Fotomotiven. Unser Geländewagen kam richtig zum Einsatz, als es zu einigen der zahlreichen Höhlen ging. In der jüngeren Vergangenheit, während der Kämpfe in diesem Gebiet, waren diese Höhlen sowohl Fluchtburgen als auch Unterschlupf und Lazarett für die verschiedenen Fraktionen. Zahlreiche Zeugnisse, wie Unmengen von Serumampullen, ein verrottetes Krankenhausbett, Kochutensilien oder auch ein verrostetes Gewehrmagazin lassen erahnen, was sich hier abgespielt hat; irgendwo draußen steht ein noch recht gut erhaltener Schützenpanzer. Auf Spuren des Vietnamkrieges stößt der Besucher allenthalben im Nordosten des Landes. Wohl an keinem anderen Ort der Welt haben streitende Parteien soviel explosiven Schrott hinterlassen.

Auf dem Höhepunkt des Vietnamkrieges kostete den amerikanischen Steuerzahler die Bombenlast, die über Laos abgeworfen wurde, täglich zwei Millionen Dollar. Auf ein Land, das die meisten Amerikaner nicht einmal auf der Landkarte finden können, fielen mehr Bomben als auf Deutschland während des gesamten Zweiten Weltkrieges.

Unexploded ordnance, kurz Uxo werden die zahlreichen Blindgänger genannt, für deren Auffinden und Entschärfen einheimische Experten und ihre Helfer aus einem UN-Fond Prämien erhalten und somit zynischerweise das Haupteinkommen der strukturschwachen Region bestreiten. Gut 20% der abgeworfenen Bomben detonierten nicht und liegen noch heute als gefährliche Erblast in der Landschaft.

Noch haben die großen Touristenmassen diesen etwas abseits gelegenen Teil von Laos nicht entdeckt und es war wohltuend für mich, nicht auf Schritt und Tritt auf lärmende und oftmals desinteressierte Urlauber zu stoßen. Durch diesen Umstand, die Vielzahl der gewonnenen Erkenntnisse sowie die gute und kompetente Betreuung durch Herrn Sousath ist die Reise zu einem nicht alltäglichem Erlebnis geworden.

Und spätestens als zum Abschluss der Tour eine faustgroße Tarantel ausgegraben und zum Essen mitgenommen wurde, merkten auch die Hamburger Mädels, dass Laos doch ein wenig anders ist.

Informationen
Anreise
Direktflüge von Europa nach Laos gibt es nicht. Reisende müssen in Bangkok umsteigen. Thai Airways International fliegt täglich von Bangkok nach Vientiane. Weitere Flugverbindungen bestehen vom vietnamesischen Hanoi und Saigon (Ho-Chi-Minh-Stadt), dem kambodschanischen Phom Penh sowie dem thailändischen Chiang Mai (nach Luang Prabang). Durchgehende Tickets nach Laos sind meist sehr teuer, so dass es ratsam ist, in Bangkok ein günstiges Angebot zu wählen.
Immer beliebter wird die Einreise über die Freundschaftsbrücke am Mekong, die das thailändische Nong Khai mit der laotischen Hauptstadt verbindet.
Formalitäten
Ein Touristenvisum berechtigt zu einem längstens vierwöchigen Aufenthalt. Man erhält es für 50 Euro bei der Botschaft der Demokratischen Volksrepublik Laos, Bismarckallee 2a, D-14193 Berlin, Tel. (030) 89 06 06 47, Fax (030) 89 06 06 48. Die Vertretung in Deutschland ist auch für die Schweiz und Österreich zuständig.

Ein Visum kann auch für 30 US Dollar direkt bei der Einreise auf dem Landwege an der Freundschaftsbrücke oder bei der Einreise mit dem Flugzeug erworben werden. Dieses gilt allerdings nur zwei Wochen. (Passbild darf nicht vergessen werden!)

Geld
Landeswährung ist der Kip, 8000 Kip = 1 Euro. Es werden auch Thai Bath und US Dollar akzeptiert. In großen Hotels kann man auch mit Kreditkarten bezahlen (American Express, Visa und Mastercard).

Sicherheit
Laos ist ein äußerst sicheres Reiseland. Zwar muss man sich, wie woanders auch, vor Diebstählen schützen, indem man nur das Nötigste an Wertgegenständen mit sich führt, Gefahr für Leib und Leben besteht jedoch nicht.

Reisen im Land
Mit dem Flugzeug bewegt man sich auf langen Strecken am komfortabelsten. Lao Aviation bedient die meisten Provinzen ab Vientiane. In den letzten Jahren hat sich auch Luang Prabang zu einer wichtigen Drehscheibe entwickelt. Die einfachen Strecke Vientiane - Ponsavan kost 45 US Dollar. Ausländer müssen den Ticketpreis entweder in Thai Bath oder US Dollar begleichen.

Kambodscha

Kambodscha - Vom Ausverkauf eines Tempels

Die Tempelruinen von Angkor und der blutige Terror der Roten Khmer sind das kulturelle und barbarischen Erbe einer ambivalenten Geschichte. Das fernöstliche Königreich steht seit einigen Jahren ausländischen Besuchern offen und bietet erstaunliche Einblicke in die Lebensweise eines Volkes, das zu den ärmsten der Welt gehört. Hier mein Bericht über eine Reise nach Banteay Chhmar 2003.
"Wissen sie wie spät es ist?", ein angetrunkener Grenzer schaut mich aus glasigen Augen an; eine Dame aus dem horizontalen Gewerbe massiert derweil seinen speckigen Oberkörper. Ich weiß, wie spät es ist - fünf Minuten vor fünf. Die Grenzübergang schließt um 17 Uhr. Der Trunkenbold erwartet augenscheinlich einen Bakschisch, sein nüchterner Kollege lässt es nicht zu einer Diskussion kommen und drückt den Einreisestempel in meinen Pass. Ich bin in Poipet, jenem berüchtigten Monte Carlo Südostasiens, in das täglich tausende spielhungrige Thais pilgern, um dort in einem der zahllosen Casinos bei Black Jack und Roulette ihr Glück zu versuchen. Außer Spielhöllen hat die Grenzstadt auf der ersten Blick wenig zu bieten. Für die wenigen westlichen Besucher ist sie allein Durchgangsstation auf dem Weg zu den klassischen Ruinen der Khmerkultur.

Meine Reise nach Kambodscha soll mich zu den Tempelruinen der Khmer führen. Ich möchte mich davon überzeugen, in welchem Zustand die Monumente einstiger Blüte die Jahrzehnte des Krieges, Bürgerkrieges, Staatsterrors und Leids überstanden haben. Erste Station meiner Reise soll das rund 120 Km von Poipet gelegene Städtchen Sisophon sein, um von dort aus die Ruinen von Banteay Chhmar zu besuchen, jenem Tempelkomplex im nordöstlichen Teil des Landes, den die Touristenmassen noch nicht entdeckt haben und den es ohne Eintrittspreis und Souvenirshopbesuch zu erkunden gilt. Eile ist geboten, denn täglich verschwinden steinerne Kunstschätze auf nimmer Wiedersehen in den Villen und Büros wohlhabender Geschäftleute in Hong Kong und Europa.

Zunächst geht es vom Grenzübergang per Motorradtaxi ins nahgelege Stadtzentrum. Beeindruckend ist der Handel mit gebrauchten Textilien aller Art. Wahllos auf die Erde geschüttete Berge zum Durchwühlen oder auch schon sortiert, fein säuberlich auf Kleiderständern. Durch fleißige Hilfs-organisationen in reichen Industrieländern gesammelt und von cleveren Geschäftsleuten aufgekauft, landen die Kleidungsstücke über undurchsichtige Kanäle schließlich hier auf dem Markt. Für tropische Gefilde sonderbar anmutende Artikel wie Wintermäntel, Anzüge mit C&A Schildchen und Schuhe in für Asiaten ungewöhnlichen Größen sind keine Seltenheit.

Von Poipet aus besteht die Möglichkeit, per Auto entweder nach Phnom Penh, Siem Reap, Battambang oder eben nach Sisophon zu kommen. Bei den Taxen handelt es sich um PKW oder Pick-Ups mit Doppelkabine. Verkauft werden einzelne Sitzplätze im Wagen. Zwar hat jedes Fahrzeug außer dem Fahrersitz noch sechs weitere Plätze, doch transportieren sie durchweg mehr Passagiere. Mein Einwand, dass es doch wohl nicht möglich sei, über eine längere Strecke so eingezwängt zu fahren, wird lächelnd damit beantwortet, dass Kambodschaner sehr schlank seien und sich alles im Laufe der Fahrt an seinen Platz zurecht rütteln würde. Ich entschließe mich, für zwei Personen zu bezahlen und bekomme dafür den Beifahrerplatz in einem Pick-Up. Nach fünfzehn Minuten ist unser Wagen dann abfahrbereit. Auf der Rückbank zwängen sich fünf Mitreisende, die Ladefläche ist wohl gut zur Hälfte mit Waren beladen, auf ihr haben es sich zudem vier oder fünf weitere Passagiere bequem gemacht.

Kurz nach Verlassen der Stadt werden wir zum ersten Mal angehalten. Unser Fahrer muss aussteigen und begibt sich in eine Holzbude neben der Straße. Soviel ich in Erfahrung bringen kann, hat er zu erklären, welche Waren wir transportieren. Sicherlich wechselt auch ein kleines Handgeld den Besitzer. Dieser Vorgang wiederholt sich einige Male bis zu unserer Endstation. Armee, Polizei oder Zoll?- Von wem diese Checkpoints betrieben werden, kann ich nicht herausfinden, die Beamten sind nicht uniformiert. Kein einziges Mal werde ich als Ausländer angesprochen, niemand will meinen Pass sehen.

Alles in allem verläuft die Fahrt reibungslos und die Straßen sind akzeptabel. Trotz des hohen Verkehrsaufkommens an Fahrrädern, von Menschenhand gezogenen oder geschobenen Karren, Ochsengespannen, Lastwagen - meist russischer oder chinesischer Bauart -, drückt der Fahrer ordentlich auf die Tube. Neben dem Gaspedal scheint die Hupe wichtigster Bestandteil des Überlandtaxis zu sein. Auf Federvieh wird keine Rücksicht genommen und so bleiben zwei Hühner und eine Ente auf der Strecke.

Es ist September und Regenzeit, doch ich habe Glück, auf meiner gesamten Reise regnet es nie länger als eine Stunde am Tag. Die Reisfelder beiderseits der Straße leuchten in sattem Grün. Mittendrin stehen vereinzelt die landestypischen Holzhäuser der Reisbauern. Ab und zu passieren wir ein kleines Dorf; es ist früher Abend und überall herrscht geschäftiges Markttreiben. Gemächlich kommen uns zwei riesige Elefanten geführt von ihren Mahouts entgegen. Ich wundere mich, welcher Art Arbeit die Tiere in dieser recht baumlosen Landschaft wohl nachgehen; mein Fahrer erklärt mir, dass sie bei Hochwasser und bei noch schlechter werdenden Straßenverhältnissen oft die einzige Möglichkeit sind, festgefahrene Fahrzeuge frei zu schleppen.

Nach zweistündiger Fahrt erreichen wir Sisophon. Viel ist bei Nacht nicht zu sehen und ich bin froh, als ich den Motorradtaxifahrer Herrn Tout treffe, der ganz annehmbar Englisch spricht und mich in ein akzeptables Guesthouse führt. Herr Tout soll in den nächsten zwei Tagen mein Führer, Dolmetscher und Taxifahrer sein.

Am nächsten Morgen holt er mich zur verabredeten Zeit ab. Sisophon ist offensichtlich weitgehend von französischen Stadtplanern entworfen. Der Marktplatz liegt zentral, von hier nehmen die Hauptstraßen, in denen sich nach dem Ende der Terrorherrschaft der Roten Khmer wieder Geschäfte etabliert haben, ihren Anfang. Französische Kolonialgebäude fallen ins Auge; dort, wo sie restauriert wurden, lässt sich mit etwas Phantasie erahnen, wie sich das Leben vor hundert Jahren abgespielt haben mag. Ein weiteres Überbleibsel aus französischer Zeit ist das Frühstück. Überall findet man Straßenstände, an denen frisch gebackene, knusprige Baguettes verkauft werden. Aufgeschnitten und gefüllt mit einer Art Leberpastete, frischem Salat; Gurken, Tomaten und pikanter Soße gewürzt und verzehrt zu einer Tasse vorzüglichen Kaffees, fühlt man sich für die Unternehmungen des Tages gerüstet.

Nach dem Frühstück fährt mich Herr Tout durch die angrenzenden Bezirke Sisophons. Reisfelder und Holzhäuser vereinen sich hier zu kleinen dörflichen Gemeinschaften. Die Wege sind schmal und jetzt in der Regenzeit für Autos ohnehin unpassierbar. Als Transportmittel dienen daher Motorräder, leichte Dreiräder oder einachsige und von Ochsen gezogene Karren.

Mittagspause machen wir in einem einfachen dörflichen Restaurant. Bei einer Schale Nudelsuppe erzählt Herr Tout mir etwas aus seinem Leben. Aus der Zeit, in der die Roten Khmer an der Macht waren. Wie sie zwei seiner Brüder und seine einzige Schwester getötet haben. Ich frage ihn nach seinen Empfindungen angesichts der Tatsache, dass Bruder Nummer Zwei noch immer unbehelligt im Kambodscha lebt: "Ach, weißt du, die Roten Khmer haben meine Geschwister getötet, aber das ist doch schon so lange her. Lass uns nach vorn schauen statt nach hinten."
Banteay Chhmar, ein Paradies für Kunsträuber

Kambodscha ist eines der ärmsten Ländern der Welt, wer möchte es den Bewohnern verübeln, wenn sie alte Steine gegen harte Dollars tauschen. Auch viele kultur- und kunstgeschichtlich bedeutsame Reliefs und Skupturen aus Banteay Chhmars haben in den letzten Jahren den Weg in die Gallerien skrupelloser Kunsthändlern nach Bangkok gefunden. Die geografische Nähe Banteay Chhmars zu Thailand macht es Besuchern relativ leicht, die Ruinenstadt zu besuchen, gleichzeitig ist sie aber auch Quell des kunsthistorischen Ausverkaufes, der jedoch angesichts der Kinder, die zur Prostitution über die Nahe Grenze verkauft werden, eher ein hinzunehmendes Übel der kambodschanischen Gesellschaft ist.

Leider zählt Banteay Chhmar zu den weniger beachteten Kulturschätzen Kambodschas und gehört entgegen der Beteuerungen der örtlichen Behörden zu den bedrohten Stätten südostasiatischer Hochkultur. Einst kulturelles und religiöses Zentrum eines blühenden Fürstentums, sind heute nur noch Teile des sakralen Gesamtkunstwerks erhalten. Die meisten - wohl hölzernen Bauten - sind längst Opfer des Dschungels geworden. Das eigentliche Tempelareal umfasst eine Fläche von 2 mal 2,5 Kilometern. Es ist umschlossen von einem steinernen Wall sowie einem Wassergraben, der zum Teil noch funktionstüchtig ist und von Kindern aus den benachbarten Dörfern als Angelrefugium und Badeanstalt genutzt wird. Anders als die berühmten Tempelanlagen von Angkor, die über Jahrhunderte in der Versenkung verschwunden waren und erst von französischen Kolonialbeamten Ende des 19. Jahrhunderts wiederentdeckt wurden, geht die historische Forschung davon aus, dass die Gegend um Banteay Chhmar seit der Grundsteinlegung des Tempels permanent besiedelt war. Aufgrund fehlender Schriftquellen lassen sich zur Geschichte Banteay Chhmars nur Vermutungen anstellen.

In seiner Blütezeit vor rund 800 Jahren erstreckte sich das Reich der Khmer auf große Teile des heutigen Thailand, Laos und Vietnam. Bis auf die überwältigenden steinernen Monumente religiöser Verehrung haben nicht viele Zeugnisse die Jahrhunderte überdauert, denn die oberste Devise khmerscher Architektur besagte, dass Stein als Baumaterial allein den Göttern vorbehalten war. Die Bibliotheken und hölzernen Großstädte der Khmer wurden Opfer der tropischen Vegetation. Tempel und und religiöse Stätten mussten im Laufe der Jahrhunderte zahlreiche Plünderungen über sich ergehen lassen. Was frühere Eroberer verschonten, wurde von den Roten Khmer zerstört oder zumindest beschädigt. Der der sichtbare Verfall ist jedoch auch bedingt durch den seit dem 13. Jahrhundert in Kambodscha zunehmend Fuß fassenden Terawada Buddhismus, dessen Ausübung ohne sakrale Monumentalbauten auskommt. Die pragmatischen Kambodschaner haben kleine Teile des mächtigen Komplexes kurzerhand zu buddhistischen Tempeln umfunktioniert und so kann der Besucher noch heute Zeuge religiös-ritueller Handlungen werden. Neben dem touristisch vermarkteten Highlights Angkor Wat und Angkor Thom, in die tägliche tausende westliche und japanische Touristen strömen, hat Kambodscha noch zahlreich - zum Teil unentdeckte - Tempelanlagen zu bieten. Banteay Chhmar (die Festung der Katzen) gehört wohl zu den beeindruckendsten sakralen Hinterlassenschaften der Khmer. Die Tempelanlage erscheint wie ein riesiger Trümmerhaufen aus gigantischen Quadersteinen, überwuchert von Schlingpflanzen und meterhohen Baumwurzeln. Es bedarf einer genauen Betrachtung, um die eigentlichen Schätze zu entdecken. Touristisch nicht erschlossen, fehlen geschulte Guides und so ist der fremde Besucher sein eigener Führer. Mein Glück ist es, dass ich Herrn Tout getroffen habe, der seine Heimat liebt und auch ein guter Kenner kambodschanischer Geschichte und Geschichten ist. Eine dieser Geschichten reicht zurück in die Anfänge der Blütezeit Banteay Chhmars und erzählt die Legende vom guten und friedliebenden Fürsten Preath Bat Yosker, der das Reich Chambark Borey regierte und von seinen Untertanen wegen seiner Milde und Gerechtigkeitsliebe geliebt und verehrt wurde. Das Glück und der Wohlstand Chambark Boreys erweckte die Begehrlichkeit des bösen Königs Hou Lou, der das benachbarte Reich regierte. Mit Drohungen und Einschüchterungen versuchte Hou Lou Chambark Borey für sich zu gewinnen. Die Friedensliebe des Fürsten gebot ihm jedoch, einen Krieg gegen Hou Lou zu vermeiden und den Thron freiwillig zu räumen. Zusammen mit seiner Frau und seinem Sohn Vibolker floh er in die Berge. Aus Furcht davor, dass der alte Fürst zurückkehren könne und seine rechtmäßigen Ansprüche auf den Thron wieder geltend machen könnte, setzte der König eine Belohnung von Tausend Taglohnes (37,5 Kg.) Gold auf das Leben Preath Bat Yoskers aus. Soldaten fanden Preath Bat Yosker, während dieser meditierte, und brachten ihn zurück nach Banteay Chhmar, wo ihn Hou Lou öffentlich hinrichten lassen wollte. Die Liebe zu seinem Vater ließ den zwölfjährigen Vibolker nach Banteay Chhmar eilen, wo er gerade noch rechtzeitig eintraf, um den König um Gnade für seinen Vater zu bitten. "Schont meinen Vater und tötet mich an seiner Stelle", rief er der versammelten Menge von Schaulustigen zu. "Du willst für deinen Vater sterben?- So soll es sein", entgegnete ihm der Monarch und befahl den Knaben zu Köpfen. Als der Scharfrichter seine Arbeit verrichten wollte, zerbarst die Klinge des Richtschwertes. Darauf befahl Hou Lou den Jungen auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen, doch die Flammen des Feuers erkalteten, als sie seinen Leib berührten. Nun befahl der König Vibolker von Kriegselefanten zertrampeln zu lassen. Das Leittier der Truppe jedoch beugte die Knie vor dem fürstlichen Prinzen und ließ diesen auf sein Haupt steigen, die übrigen Elefanten befreiten den gefesselten Preath Bat Yosker und setzten ihn zu seinem Sohn und Retter auf das Haupt ihres Anführers. Der erschrockene Hou Lou und sein Gefolge ergriffen in Panik die Flucht und wurden nie wieder gesehen. Mit der Heldentat eines Zwöllfjährigen begann eine lang andauernde Blütezeit Chambark Boreys und seiner Hauptstadt Banteay Chhmar.

Die ruhmreiche Geschichte der Tempelstadt dürfte allerdings spätestens Mitte des 14. Jahrhunderts ein mehr oder weniger jähes Ende gefunden haben, als das Khmerreich von den benachbarten Völkern der Cham, Thais und Vietnamesen mit Kriegszügen übersät, mehrfach erobert und unterworfen wurde.

Trotz oder gerade wegen des erheblichen Verfalls fühlt der Besucher sich als wahrer Entdecker. Beim Klettern auf antiken Steinen ist man von echter Abenteuerlust erfüllt. Auf unserem Rundgang durch die Anlage macht mich Herr Tout auf zahlreiche Details aufmerksam. Beeindruckend sind besonders die in Stein gehauenen Abbildungen der Tempeltänzerinnen, der Apsaras, jenen "Jungfrauen", die zu religiösen Anlässen tanzten und - so die historische Vermutung -als weltliche Damen zum Berufsstand der Konkubinen gerechnet wurden, was mein Führer mit Hinweis auf die wohlgeformten Brüste der Abbildungen nicht ohne Begeisterung erläutert. Zahlreiche Steinreliefs berichten in Bildgeschichten über die ruhmreiche Geschichte des Fürstentums oder erzählen Histörchen aus der hinduistischen Mythologie.

Das Herz Banteay Chhmars besteht aus einem verwinkelten Gebäude, dessen Funktion völlig rätselhaft ist sowie dem Bayon, jener Nachbildung des mythischen hinduistischen Götterberges. Zwischen dem mächtigen Mauern findet sich ein Wirrwarr aus Sandsteinblöcken, Türmen, Reliefs und gewaltigen Bäumen, deren Wurzeln sich bizarr mit den Ruinen vereinen und deren Kronen sich hoch über Banteay Chhmar erheben.

Beklemmend hingegen wirken die allgegenwärtigen Spuren des Kulturfrevels, den die Roten Khmer in Banteay Chhmar angerichtet haben. Zahlreiche Apsaras tragen Spuren von Gewehrkugel- und Panzerfausteinschlägen und sind stumme Mahnmale überheblicher Zielübungen. Aber auch das Fehlen ganzer Fassaden erweckt Argwohn und deutet daraufhin, dass der Raubbau an einem unwiederbringlichen Kunstwerk noch lange nicht beendet ist. Dies wird überdeutlich, als Herr Tout mich über einen schmalen Trampelpfad zur Südmauer des Tempels führt, um mir ein Flachrelief mit historischen Motiven zu zeigen. "Oh, schon weg", lautet seine lapidare und von einem Lächeln begleitete Bemerkung angesichts des jüngsten Kunstdiebstahls.

Informationen
Anreise
Direktflüge von Europa nach Kambodscha gibt es allein mit Air France von Paris nach Phnom Pen. Reisende steigen in der Regel in Bangkok um. Thai Airways International fliegt täglich von Bangkok nach Phnom Penn. Weitere Flugverbindungen bestehen von Bangkok aus mit Bangkok Airways direkt nach Siem Reap. Durchgehende Tickets nach Kambodscha sind meist sehr teuer, so dass es ratsam ist, in Bangkok ein günstiges Angebot zu wählen.

Immer beliebter wird die Einreise auf dem Landwege vom thailändischen Aranjaprathet ins kambodschanische Poipet und von dort aus weiter zu den Ruinen von Angkor Wat und Angkor Tom.

Formalitäten
Ein Touristenvisum berechtigt zu einem längstens einmonatigem Aufenthalt. Man erhält es für 1000 Thai Bath (25 Euro) direkt am Grenzübergang in Poipet (Passbild darf nicht vergessen werden!).

Geld
Landeswährung ist der Riel (1 Euro = etwa 4000 Riel), tatsächliches Zahlungsmittel ist allerdings der US Dollar. Nahe der Grenze zu Thailand scheint der Thai Bath die gängigste Währung zu sein. In großen Hotels kann man auch mit Kreditkarten bezahlen (American Express, Visa und Mastercard).

Sicherheit
Kambodscha ist ein bedingt sicheres Reiseland. Nachts sollte man nicht reisen. Nach wie vor werden nächtliche Überfälle auf PKW mit Todesopfern gemeldet. Tagsüber sind die Straßen sicher. Für Besucher, die aus Thailand einreisen, sind die ständig bettelnden und Waren anpreisenden Kinder in der Nähe des Grenzübergangs sowie die latent aggressiven Taxifahren zunächst etwas gewöhnungsbedürftig. Lässt man sich aber nicht auf ihre Angebote ein, ist man sie recht bald wieder los. Zwar muss man sich, wie woanders auch, vor Diebstählen schützen, indem man nur das Nötigste an Wertgegenständen mit sich führt, Gefahr für Leib und Leben besteht jedoch nicht.

Reisen im Land

Reisen in Kambodscha kann sehr anstrengend werden. Zwar verkehren vollklima-tisierte und unklimatisierte Überlandbusse im ganzen Land, doch erscheint es am einfachsten, sich einen Wagen mit Fahrer zu mieten. Es ist jedoch dringendst davon abzuraten, sich gleich nach dem Grenzübertritt in Poipet auf ein Angebot einzulassen, sondern sich zunächst mit einem Motorradtaxi ins Stadtzentrum bringen zu lassen und dort ein Fahrzeug zu mieten. Mietwagen inklusive Fahrer können ohne Kilometerbegrenzung gechartert weren und kosten etwa 40 US Dollar pro Tag. Royal Air Cambodge verbindet alle größeren Provinzstädte miteinander. Mehrere Flüge täglich gibt es zwischen Phnom Penh und Siem Reap.

Markus Bötefür
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Markus Bötefür

Oberhausener Krimi- und Sachbuchautor. Freischaffender Autor und Journalist.

Über mich: Ich bin Journalist, Historiker, Krimi- und Sachbuchautor. Hauptsächlich beschäftige ich mich mit kulturgeschichtlichen Themen, arbeite aber auch im Bereich Outdoorjournalismus.

Markus Bötefür

Literatur, Journalist
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